Die Reise beginnt
Baden bei Wien lädt einLa Gacilly Baden-Photo 2021Eine Videoreise durch die Bilderstadt Baden
Die Fotoserien internationaler Spitzenfotografen erzählen Geschichten von Menschen und Kulturen, aber auch tiefen Problemen, die beeindrucken, mitunter aber auch zutiefst erschüttern.
Die folgende Multimediastory lädt Sie ein, Austria Guide Christine Triebnig-Löffler auf einem Streifzug durch die Stadt Baden zu begleiten und die Open Air Galerie in Kurzvideos, informativen Texten und atmosphärischer Klangkulisse zu erleben.
"Blättern" Sie sich durch unser digitales Buch - ca. eine Stunde Film-Erlebnis wartet auf Sie!
Making of...Die größte Open Air Fotoausstellung Europas entsteht
Werfen Sie einen Blick hinter die Kulissen!
VIVA LATINA! Begleiten Sie uns Ein Rundgang, der Lust auf mehr macht
Markus LópezPop Latino
In dieser Serie, die kaum noch etwas mit seinen ersten Arbeiten zu tun hat (die in Schwarz/Weiß gehalten waren und 1993 in einem Buch erschienen), präsentiert López eine originelle und surreale Auffassung unserer Lebenswelt, eine heitere und beißende Kritik unserer Konsumgesellschaft und der Moderne. „Ich dokumentiere die Wirklichkeit, indem ich sie inszeniere“, erklärt er. „So wie es Glauber Rocha im Sertão im Nordosten Brasiliens gemacht hat. Ich nehme die feuchte Pampa in Beschlag und verwandle sie in eine Bühne. Ein Theater. Von den Schauspielern verlange ich, dass sie meine persönlichen Ängste darstellen. Ein Argentinien aus Pappmaché.“
Doch López’ Werk verweist auch auf eine ganze Weltgegend: auf Lateinamerika. Auf seine Gründungsmythen, aber auch und vor allem auf seine Bruchstellen. Die Bilder wirken wie Zerrspiegel, in denen Maßlosigkeit und entlarvender Kitsch ineinanderfließen. „Ich gehe von einem Gefühlszustand aus und gebe etwas Lokalkolorit hinzu, wie ein gesellschaftlicher und politischer Chronist meiner eigenen Arbeit“, erklärt López. Das Ergebnis sind Szenen in leuchtenden Farben, die – durchaus ironisch – ein Latein amerika zeigen, das am Tropf des American Way of Life hängt. Mit seiner besonderen fotografischen Handschrift konnte López das Publikum überzeugen, aber auch große Firmen wie etwa PernodRicard, für deren Jahresbericht 2009 er eine Reihe von Porträts anfertigte. „Ich übertreibe gern“, wird López nicht müde zu betonen, der zugleich provoziert und beobachtet, gezielt Heiliges und Profanes vermischt und inmitten der ausgesprochen frommen Gesellschaft Südamerikas die großen religiösen Bilder neu interpretiert.
Doch unter dem glänzenden Lack der Limonadenflaschen, der muskelbepackten Bodybuilder und der kessen Modepüppchen leuchtet noch eine andere Wahrheit auf: die der kulturellen Verarmung durch die alles beherrschende Dampfwalze der Konsumgesellschaft, die auf ihrem Weg blindwütig alles Menschliche gleichmacht. López’ Werk ist leicht zugänglich, entfaltet jedoch eine Komplexität, die mehrere Lesarten, sei es soziologischer oder philosophischer Natur, erlaubt.
Lois LammerhuberLateinamerika Trilogie
Entlang dieser zwei Jahre langen Reise erreichte ich am 12. Dezember 1978 das erste Mal lateinamerikanischen Boden. Ich blieb 15 Monate. Und wurde heimisch. Dabei bin ich zum Fotografen gereift und ohne es zuerst zu bemerken, habe ich dort zwischenmenschlich, moralisch und intellektuell fast alles gelernt, was mich befähigt, seit 1985 als Fotojournalist für GEO und viele andere internationale Magazine zu arbeiten. Eine Schule des Lebens ohnegleichen, die mich mit Dankbarkeit und Demut erfüllt.
Bei GEO war ich einige Jahre der „Mann für Lateinamerika“. Ich habe in allen Ländern Lateinamerikas nicht nur gearbeitet, sondern auch so viel Zeit verbracht, dass ich mich dort wirklich zuhause fühle. Und das ist auch der Grund, warum ich Ihnen eine Reportage Trilogie zeige, die sich mit der Entdeckung Amerikas auseinandersetzt, aber noch mehr mit der gelebten Magie und Poesie jener Menschen, die mir entlang der Panamericana begegnet sind.
“Teil I: Papst Johannes Paul II war im Oktober 1992 in die Dominikanische Republik gekommen, um dort die Christianisierung Lateinamerikas vor 500 Jahren zu feiern, die 4. Lateinamerikanische Bischofskonferenz zu leiten, Ezequiel Moreno, den kämpferischen Prediger in den Wäldern Kolumbiens, heilig zu sprechen – und die sterblichen Überreste des Entdeckers Amerikas Christoph Kolumbus von der Kathedrale Santo Domingos in den Faro a Colón umzubetten. Für Johannes Paul II war es die 56. Auslandsreise. Doch sie verlief, wie einst jene des Kolumbus, anders als geplant. Die Ausstellung ist das Protokoll einer so historischen wie außergewöhnlichen Papstreise, die von mehr als 1.500 JournalistInnen begleitet wurde.
Lois Lammerhuber Lateinamerika Trilogie
Lois LammerhuberLateinamerika Trilogie
Von der Stadtroute zum GartenrundgangBildwelten im malerischen Setting
Pascal MaitreDie faszinierende Reise der Monarchfalter
Zu Beginn des Winters verlassen die Monarchfalter ihre nordamerikanische Heimat und begeben sich auf eine zweimonatige Wanderung. Jeden Tag legen sie 75 Kilometer zurück, bis sie ihr Ziel erreicht haben: die Bergwälder aus Heiligen Tannen in Zentralmexiko. Da diese Schmetterlinge jedoch nur selten älter als fünf Wochen werden, sind die Tiere, die später wieder zurück nach Norden wandern, entfernte Nachfahren jener, die es zuvor nach Süden gezogen hat. Jedes Jahr zu Ende des Sommers bringt die Art auch eine besondere Generation hervor, die sogenannte Methusalem-Generation, deren Vertreter bis zu acht Monate alt werden und somit an zwei Wanderungen teilnehmen. Beim Menschen hieße das, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt Kinder zur Welt kämen, die mehrere hundert Jahre alt würden.
Pascal Maitre ist nach Mexiko in das Winterquartier der Monarchfalter gereist, die aufgrund der dortigen fortschreitenden Entwaldung vom Aussterben bedroht sind. Maitre, der regelmäßig für die bedeutendsten internationalen Magazine arbeitet, gilt oft als Spezialist für Afrika, den Kontinent, den er in den letzten vierzig Jahren wiederholt bereist und in seiner ganzen Vielfalt dokumentiert hat. Vor allem ist er jedoch ein Reporter, der Geschichten erzählt, aus der ganzen Welt, von Südamerika bis Afghanistan. Jedes einzelne seiner Bilder, die in unzähligen Farben lodern, ist eine Momentaufnahme unserer sich unaufhörlich wandelnden Welt.
In dieser Ausstellung zeigt er mit seinem ganzen bildnerischen Können den faszinierenden Tanz dieser majestätischen Insekten, aber auch die Arbeit des WWF Mexiko, der von der Fondation Yves Rocher in seinen Bemühungen um Wiederaufforstung unterstützt wird.2014 wurde die Zahl der Monarchfalter, die sich auf die Wanderung in ihr Winterquartier machten, auf 35 Millionen geschätzt – Anfang der 1990erJahre waren es noch eine Milliarde. 2020 sind weltweit zwar über 400 Arten ausgestorben, die Kolonien von Monarchfaltern in den Wäldern oberhalb von Zitacuaro wuchsen jedoch erstmals seit zehn Jahren, und das um 144 Prozent. So sorgt die Wiederauf forstung für Hoffnung.
Nadia Shira CohenDer Honig der Götter
Jahrhundertelang war die Halbinsel Yucatán dank dieser Bienen der größte Honig produzent der Welt. Ab 2011 stellte die mexikanische Regierung jedoch den Landwirten Subventionen bereit, um mithilfe genmanipulierter Pflanzen die Produktion von Soja zu steigern. Diese Möglichkeit wurde größtenteils von mennonitischen Bauern in Anspruchgenommen, die über ausreichend finanzielle Mittel verfügten, um große Anbauflächen sowie den notwendigen Maschinenpark zu kaufen. Die Mennoniten waren in den 1970er Jahren nach Yucatán gekommen. Ihre Zahl wird heute auf 60 000 Personen geschätzt. Ihnen gegenüber stehen etwa 15 000 indigene Maya.
Dieses Nebeneinander hat zur Folge, dass die Stöcke der MeliponaBienen seit einigen Jahren verschwinden oder von den Pestiziden, die die Bauern im Übermaß einsetzen, vergiftet werden. Und der Honig, der noch produziert wird, weist Spuren dieser Pestizide auf, weshalb er auf dem Weltmarkt nicht mehr als „biologisch“ verkauft werden darf.
Für dieses Langzeitprojekt erhielt die amerikanische Fotografin Nadia Shira Cohen 2016 eine Auszeichnung beim World Press Photo Award sowie 2019 den Prix Photo der Fondation Yves Rocher. Sie erzählt in dieser Arbeit davon, wie die Gier nach Profit und die Ausbeutung der Böden zu irreversiblen Schäden in Flora, Fauna und dem gesamten Ökosystem einer Region führen.
Cássio VasconcellosJenseits der Wirklichkeit
Seinen apokalyptischen Visionen einer von Maschinen beherrschten Welt stellt Vasconcellos eine Serie monochromer Aufnahmen des brasilianischen Urwalds gegenüber, die von den Radierungen inspiriert sind, die der Comte de Clarac, ein französischer Archäologe und Gelehrter, in den 1820erJahren geschaffen hat. In dieser Serie, Eine pittoreske Reise durch Brasilien, präsentiert sich der Fotograf in zwei Rollen: als Umweltaktivist, der mit wissenschaftlicher Präzision die tropischen Ökosysteme in ihrer ganzen Verletzlichkeit und Vielfalt präsentiert, sowie als Künstler, der uns die Schönheit und die sanften Farben des Waldes vor Augen führt. In Zeiten, in denen die Wälder unseres Planeten immer wieder in Flammen aufgehen, ruft uns diese Arbeit in Erinnerung, welche Bedeutung das Amazonasbecken für das Überleben der Menschheit hat, und wie wichtig es ist, allen Menschen die majestätische Schönheit und die Zerbrechlichkeit der Urwälder bewusst zu machen. In diesen an Lithografien erinnernden Bildern mit ihrem Detailreichtum und ihren Hell-Dunkel-Kontrasten scheinen die Magie und das unergründliche Geheimnis dieser tropischen Weltgegend auf.
Cássio Vasconcellos, der in seinem Heimatland mehrfach ausgezeichnet wurde, ist ein Fotograf mit zahlreichen Handschriften. Wir zeigen hier eine Auswahl aus seinem vielfältigen Schaffen, mit zwei Serien, die auf den ersten Blick in Kontrast zueinander stehen, im Grunde jedoch aufeinander antworten. Bilder, die uns unmittelbar in den Naturraum einer anderen Zeit transportieren, als wollten sie belegen, dass diesem Raum die Auslöschung droht. Bilder, die unsere moderne Welt in Frage stellen – eine industrialisierte, entmenschlichte und zunehmend außer Kontrolle geratene Welt.
Pablo Corral VegaDer Gesang der Anden
Die Anden sind eine Welt für sich, majestätisch und faszinierend, und neben dem Zauber dieser Region prägen vor allem ihre Menschen die Bilder dieser Ausstellung: ein junger Tänzer im buntscheckigen Festgewand, der schüchtern lächelt, ein alter Ureinwohner mit lebensklugem Gesicht, dessen Falten von der Mühsal seines Dasein erzählen, ein erschöpfter Bergmann nach einem langen Arbeitstag in den legendären Silberminen von Potosí.
Vegas Bilder werden in idealer Weise durch lyrische Texte des Nobelpreisträgers Mario Vargas Llosa ergänzt, der jedes Bild zum Anlass für eine poetische Meditation nimmt. Diese Miniaturen sind manchmal persönliche Erinnerungen, manchmal frei erfunden, doch stets durchdrungen vom Geist der Anden, vom Leben der Frauen und Männer, die diese wilden Bergregionenbewohnen. „Diese Fotografien zeigen uns Menschen, auf denen die Last jahrhundertelanger Unterdrückung liegt, die zuerst ausge beutet und dann vergessen wurden, die dazu verdammt sind, unter menschenunwürdigen Umständen zu leben, immer in Beisein des Todes. Gleichwohl kann ihnen nichts ihre Lebensfreude nehmen“, so Vargas Llosa.
Vegas Arbeit vermittelt dem Betrachter einen bleibenden Eindruck von den gezeigten Orten. Doch die Bilder präsentieren weitaus mehr als nur überwältigende Ansichten, die die erhabene und ergreifende Schönheit ihrer Motive feiern. Sie zeigen auf authentische Weise das Leben in seiner ganzen Fülle. Die Wirklichkeit lässt sich auf subtile Weise verschleiern, wenn es gelingt, ihre Makel durch Schönheit zu verdecken. In diesen Bildern vermischen sich das Schöne und das Hässliche, und eines von beiden zu unterdrücken, hieße, das Leben in den Anden zu verzerren oder seines Wirklichkeitsgehalts zu berauben. Hierin liegt die ganze Kraft dieser Bilder: Aus ihnen spricht immer die Hoffnung, sie bejahen das Glück, sie zeugen vom Willen zum Widerstand, selbst unter den widrigsten Umständen, selbst bei den ärmsten und am meisten geschundenen unter den Menschen.
Sebastião SalgadoGold
„Ich hatte alles vorbereitet, um so lange unter den Bergbauarbeitern zu leben wie nötig. Letztlich verbrachte ich dort fünfunddreißig Tage. Geschlafen habe ich in einer Hängematte unter einer Plane, Lebensmittel und Wasser hatte ich aus der Stadt mitgebracht.“ Während dieses Aufenthalts fotografiert Salgado ohne Unterlass, wie immer in Schwarz-Weiß. Die Bedingungen sind katastrophal, und dennoch gelingen Salgado Bilder von schauriger Schönheit: Kolonnen menschlicher Ameisen, die auf der Suche nach einer Goldader die Erde umgraben, Klumpen von Körpern und Erdreich, oder die irren Blicke elender Gestalten, die mit bloßen Füßen in Bächen von Unrat und Quecksilber stecken.
Salgado wurde mit den renommiertesten Preisen ausgezeichnet, seine Arbeiten werden in den bedeutendsten Museen der Welt gezeigt und seit 2016 ist er Mitglied der Akademie der Schönen Künste des Institut de France. Heute steht er jedoch vor allem wegen dieser einzigartigen Serie im Rampenlicht, die den schlichten Titel Gold trägt (und die 2019 im Taschen-Verlag in Buchform erschienen ist): eindringliche und hypnotische Bilder mit fast religiöser Aura, die die Arbeit in der mittlerweile geschlossenen Goldmine zeigen.Warum hat Salgado diese Arbeit wieder hervorgeholt? „Ich arbeitete damals an Die Hand des Menschen, einem großen Zyklus über das Ende der industriellen Revolution. Von der Mine hatte ich damals nur rund vierzig Fotos für diese Arbeit ausgewählt. Erst 2016 habe ich diese Arbeit noch einmal durchgesehen.
“Sebastião Salgado hat zahlreiche Veränderungen unserer Gesellschaft festgehalten, das Leiden des Planeten Erde und die Zerstörungen, die der Mensch seiner Umwelt zufügt. „Ich bin in die tiefsten Tiefen der Dunkelheit vorgedrungen. Seitdem träume ich von einer lichteren Welt.“ Vor Kurzem hat er im Amazonasgebiet die indigenen Völker in ihrem Garten Eden fotografiert. Als wolle er das Versprechen auf eine bessere Welt abgeben, in der der Mensch wieder zum Einklang mit der von ihm so geschundenen Erde findet.
Emmanuel Honorato VázquezDie Vergessene Welt der 1920er-Jahre
Vázquez gilt als einer der wichtigsten Fotografen der ecuadorianischen Geschichte; wiederentdeckt wurde sein Werk jedoch erst in den 2010er-Jahren. Nach seinem frühen Tod 1924 im Alter von 31Jahren geriet er in Vergessenheit, und erst durch ein 2018 erschienenes Buch, das seine fotografischen Arbeiten versammelte, erfuhr er wieder die gebührende Beachtung. Emmanuel Honorato Vázquez war ein Rebell, ein Bilderstürmer und ein Anti kleriker, er stammte aus einer wohlhabenden Familie und pflegte einen bohèmehaften Lebensstil, war Epikureer, Schriftsteller und ein kompromisslos moderner Fotograf. Ohne sich dessen bewusst zu sein, hat er die Geschichte Ecuadors geprägt. Nur dank der hartnäckigen Bemühungen des Archivars Patricio Tipan Lucero und der Mitwirkung der Stadtverwaltung von Quito konnte die Welt das Werk eines der produktivsten Fotografen Lateinamerikas neu entdecken.
Schon in seiner frühen Jugend hielt Vázquez mit dem Fotoapparat Szenen aus dem Familienleben fest, etwa Ausflüge oder Ferienaufenthalte auf dem Land. Außerdem fertigte er zahlreiche Aufnahmen an, die wie Gemälde anmuten und in denen er ein Panorama des zeitgenössischen Lebens entwirft. Auch hielt er das Alltagsleben der ecuadorianischen Gesellschaft fest: das Großbürgertum, die Landbevölkerung und die indigenen Bewohner, religiöse Prozessionen, Militärparaden oder Szenen der Erntezeit.
„Das Bestechendste an Honoratos Arbeit ist die Tiefgründigkeit seiner Porträts, der Blick, mit dem er das Leben der Porträtierten durchdringt“, so Fotograf und LATAMGründer Pablo Corral Vega. In dieser Ausstellung wird Vázquez Werk nun zum ersten Mal in Europa gezeigt. Zu entdecken ist die schöpferische Kraft eines Ausnahmekünstlers, der in einer Epoche wirkte, in der Lateinamerika langsam in die Wirbel der Moderne geriet. Er zeigt uns eine komplexe, klar gegliederte und zutiefst ungleiche Gesellschaft, die über einen reichhaltigen Schatz an Traditionen, Bräuchen und Ritualen verfügt, von denen manche jedoch die Zeit nicht überdauert haben.
Greg LecoeurReise zum Mittelpunkt des Meeres
Diese geheimnisvolle Unterwasserwelt ist die große Leidenschaft des französischen Fotografen Greg Lecoeur. Aus Nizza gebürtig, ist er am Mittelmeer aufgewachsen und wollte schon seit seiner Jugend die Schönheiten der Meereswelt erkunden und sich für den Erhalt dieses ausgedehnten und sensiblen Ökosystems einsetzen. Nachdem er ein Wirtschaftsstudium absolviert hatte, wagte er schließlich den Sprung: Er war schon immer ein leidenschaftlicher Taucher gewesen, und eines Tages hörte er in seinem Inneren diese, wie er sagt, „leise Stimme, die uns erkennen lässt, dass wir im Leben eigentlich etwas ganz anderes tun wollen“. Für ihn hieß das: professioneller Fotograf zu werden. Fotografen, die sich auf Unterwasserauf nahmen spezialisiert haben, sind eine Klasse für sich. Sie müssen nicht nur ans Ende der Welt reisen, sondern auch logistisch gut vorbereitet sein und oft besonderen Einfallsreichtum an den Tag legen, um sich in einer Umgebung, für die der Mensch nun einmal nicht geschaffen ist, bewegen zu können und dort auch noch zu fotografieren. Lecoeur hat diese Aufgabe mit Bravour gemeistert: 2016 wurde er vom National Geographic zum Naturfotografen des Jahres gewählt, und 2020 belegte er beim Wettbewerb Underwater Photography of the Year den ersten Platz.
Heute gehört Greg Lecoeur neben David Doubilet, Brian Skerry und Paul Nicklen zu den ausgewiesenen Spezialisten der Unterwasserfotografie. Diese Ausstellung präsentiert die beeindruckendsten Bilder seiner Karriere – ein stummer Reigen, in dem wir etwa auf Südliche Glattwale treffen, Seeleoparden oder fremdartige Geschöpfe, die die noch unerforschte Welt der ozeanischen Tiefen bevölkern. Lecoeur geht auf Tuchfühlung mit den Tieren, und das in Fotografien, die das Genre revolutioniert haben.
Carolina ArantesDie Jagt auf das Grüne Gold
Die Region war auch Schauplatz eines weiteren, ganz anders gelagerten Dramas, das sich im Sommer 2019 abspielte. Die Bilder der riesigen Brände, die im Urwald loderten, beherrschten wochenlang die Medien und erschütterten die Welt. Auch die aus Brasilien gebürtige und in Frankreich lebende Fotojournalistin Carolina Arantes ließ die Katastrophe, die in ihrer Heimat wütete, nicht gleichgültig. Sie reiste für mehrere Wochen ins Zentrum des Geschehens, dorthin, wo der Urwald schon seit Langem der Gier nach seinen Reichtümern zum Opfer fällt, nicht erst seitdem die Amazonasregion wegen der Brände weltweit in die Schlagzeilen geriet. Seit vielen Jahren beuten große Firmen und mächtige Landwirte die Ressourcen des Regenwaldes aus, ohne Rücksicht auf die Umwelt und die indigene Bevölkerung. Nach der Wahl Bolsonaros zum Präsidenten hat sich die Situation weiter zugespitzt. Innerhalb eines Jahres hat sich die Fläche, die der Entwaldung zum Opfer fällt, verdoppelt und liegt jetzt bei 10 000 km² pro Jahr. Die chaotische, überbordende Stadt Altamira ist ein neues Eldorado geworden und zieht Abenteurer unterschiedlichster Couleur an.
Carolina Antares führt uns die ganze Trostlosigkeit dieses geopferten Paradieses vor. In ihren schlichten Aufnahmen zeigt sie aus nächster Nähe die Bäume, die ein Raub der Flammen wurden, Goldschürfer, Bauern, die neue Weideflächen für ihre stetig wachsenden Rinder herden erschließen, aber auch Ureinwohner, denen ihre angestammten Territorien entrissen wurden. Eine Fotoreportage, die Alarm schlägt. Und hinter dem Ungetüm Belo Monte lauert schon das nächste gefräßige Monster des Ultrakapitalismus: Belo Sun, ein Bergbauprojekt, das mindestens so dramatische Folgen haben wird wie die Errichtung des Staudamms.
Carl de SouzaDer Aufstand der Amazonas-Indianer
Carl de Souza leitet das Brasilien-Büro der AFP in Rio de Janeiro. Er hat in England studiert und wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Während die ganze Welt gebannt auf eine der „Lungen“ des Planeten starrte, hat er über Monate hinweg den Aufstand der indigenen Bevölkerungsgruppen begleitet, die gegen die Auslöschung ihrer Existenz revoltieren.
Pedro PardoDunkle Horizonte
Seine Fotografien enthüllen die Wirklichkeit auf eine schonungslos erschütternde Weise, die uns zum Nachdenken darüber zwingt, in welcher Welt wir leben: Kinder, die zu den Waffen greifen, um ihr Land zu verteidigen, Dorfbewohner, die Milizen gründen, um sich gegen die Drogenkartelle zur Wehr zu setzen, oder die vom Schicksal Vergessenen, die zu Hunderten und Tausenden die Mühen der Auswanderung auf sich nehmen, in der Hoffnung auf ein besseres Leben in Nordamerika. „Ich war immer davon überzeugt, dass Journalismus die Gesellschaft verändern kann“, so Pardo. Aus dieser Überzeugung schöpft er die Kraft, seinen Beruf weiter auszuüben. Er will Zeugnis ablegen, wieder und wieder, um uns die menschlichen Tragödien ins Bewusstsein zu rufen, zu denen es führt, wenn Staat und öffentliche Hand den Aufgaben, die ihnen die Bürger übertragen haben, nicht nachkommen.
Martin BernettiNotstand
Ulla LohmannDie Hüter der Artenvielfalt
Für die Ethnie der Sakalava sind die Lemuren heilige Tiere. Fünfundneunzig Prozent des Bestandes sind jedoch bedroht. Prinz Tsimanendry, das Oberhaupt der Sakalava, setzt seine ganze Autorität ein, um diese gefährdete Primatenart zu schützen, ebenso wie die Baumarten, die sie zum Überleben brauchen. Im Jahr 2000 stellten die Sakalava einen Antrag auf Einrichtung einer Schutzzone. In der Folge wurde das 20 660 Hektar große Gebiet Antrema, das im Nordwesten der Insel in der Region Boeny liegt, zum Biokulturreservat erklärt.
Einige hundert Kilometer entfernt, auf der anderen Seite der Insel, liegt die Region Analanjirofo, die von anderen Landschaftsformen und anderen klimatischen Verhältnissen geprägt ist, aber mit denselben Problemen zu kämpfen hat. In dieser tropischen, sehr feuchten Gegend findet sich eine außerordentlich große Artenvielfalt, die allerdings durch fortschreitende Entwaldung dezimiert wird – die Folge illegalen Einschlags von Edelhölzern sowie der Brandrodung ganzer Waldgebiete zur Gewinnung von Reisfeldern. Zahlreiche Familien kämpfen dagegen an, indem sie mithilfe von NGOs Gewürznelken oder fertilisierende Bäume pflanzen, wodurch sie sich auch ein zusätzliches Einkommen verschaffen.
Die deutsche Fotojournalistin und Dokumentarfilmerin Ulla Lohmann ist unter anderem für ihre außergewöhnlichen Aufnahmen der Vulkane von Vanuatu sowie der indigenen Bevölkerung von PapuaNeuguinea bekannt. Daher überrascht es nicht, dass die Fondation Yves Rocher gerade sie mit dieser Arbeit beauftragt hat. Mit ihren Bildern will Lohmann das Bewusstsein für die Verletzlichkeit unseres Planeten schärfen. Dazu führt sie uns vor Augen, worin seine Schönheit liegt. „Denn mit traurigen oder negativen Bildern“, so die Fotografin, „erreicht man die Menschen nicht.“
Luisa DörrMulheres
“Die Falleras entdeckte Dörr im spanischen Cambrils. „Ich habe ein wenig geforscht und war sofort begeistert von diesen Frauen, von ihrer Geschichte und ihrer Tradition, aber auch davon, wie heute die verschiedensten Gruppen diese Tradition übernehmen. Ich habe Falleras aus China fotografiert, aus Vietnam und sogar aus Äthiopien.“ Schon bald beschloss sie, diese Frauen zu porträtieren.
Die Serie über die Flying Cholitas entstand auf andere Weise: „Als ich einen kurzen Dokumentarfilm über diese Frauen gesehen habe, hat mich ihre Geschichte sofort fasziniert“, berichtet Luisa Dörr. „Weil sie Teil der indigenen Bevölkerung sind, gehörten sie zu den am meisten marginalisierten Gruppen der bolivianischen Gesellschaft. Mit der Zeit konnten sie sich immer mehr Rechte erkämpfen. Auch der Name, Cholitas, ist nicht mehr negativ besetzt, sondern steht für Feminismus. Ringen ist für sie eine kleine Einkommensquelle, vor allem jedoch Ausdruck ihrer Unabhängigkeit von den Männern, und ihrer Selbstständigkeit jenseits ihrer Rollen als Ehefrauen und Mütter.“ Für diese Serie hat Dörr Techniken der dokumentarischen Fotografie mit dem Genre des in die Landschaft eingebetteten Porträts vermischt.
Ihre facettenreiche fotografische Handschrift und die minutiöse dokumentarische Arbeit, die der Anfertigung der Fotografien jeweils vorausgeht, haben der jungen Brasilianerin 2019 einen World Press Photo Award eingebracht. Luisa Dörr gehört einer neuen Generation von Fotografinnen an, die vor allem Frauen ins Licht der Aufmerksamkeit rücken. Diese Künstlerinnen porträtieren ihre Zeitgenossinnen, erkunden dabei sowohl die Elendsviertel der Favelas wie auch den Lebensraum des Großbürgertums und respektieren die Frauen stets in ihrer spezifischen Würde. Immer wieder erstaunt Luisa Dörr dabei durch ihren meisterhaften Umgang mit Farbe und Komposition.